Stammtisch frauenliebender Mütter


So ein Wortgebilde.
In seiner Sperrigkeit erinnert es an sozialistische Losungen.
Und es klingt fast wie eine Therapierunde.

Und das ist es wohl auch.
Es gibt das ein oder andere glücklich vereinte Pärchen.
Eines davon von gerade neulich.
Ansonsten:
Dramen, Tränen und Liebesschmerz.
Und fast aussschließlich Frauen, die in ihrem Leben wohl an so manches dachten, aber nicht, dass sie sich einmal in eine Frau verlieben würden.

Gestern war es wieder soweit.
Ein Dutzend Frauen von hier bis OWL.
Wenn so eine Entfernung kein Hindernis ist, sind Wünsche groß.

Zum ersten Mal zusammen am Tisch: das heimliche Pärchen.
Bisher war immer nur die eine Hälfte anwesend.
Die, die sich was traut.
Aus ihrer Ehe unterwegs.
Die Jüngere.
Gestern hatte sie ihre Partnerin dabei.
Deutlich älter und irgendwo in ihren 50ern.
Und nicht bereit für ein Outing in Wohn- und ehelichem Lebensumfeld.
Auch nicht ihrer Partnerin zuliebe.
Aber sie ist erstmals dabei!
Ein erster Schritt?

Heiße Diskussion an Tischlängen über das Für und Wider eines Outings.

Ich kriege irgendwann nichts mehr mit.
Bin ganz vertieft in ein Gespräch.
Mit einer Frau in meinem Alter.
Aus einer Bekanntschaft wurde eine Amour fou.
Seit drei Jahren.
Ein Jahr länger als ich leiden, denke ich mir.

Die Andere sei verrückt und rücksichtslos und vereinnahmend und verantwortungslos.
Und trotzdem!
Anziehung, diese Anziehung!
Trennung bringe nur Sehnsucht.
Aber keine Ruhe.
Beide in Verschiedenheit streitend um unverhandelbare Anziehungskraft.
Ich weiß genau, was sie meint.

Und sie kennt meine gesundheitlichen Probleme aus eigener Erfahrung.
Stammtischeinigkeit über Lebensdramen.
Lustig ist das alles nicht.
Auch nicht unbedingt tröstlich.
Aber es ist schön, dass es zumindest Menschengeschichte ist.

Sie begleitet mich zum Auto.
Ich gebe ihr und einer anderen artig die Hand.
Bis zum nächsten Mal.
Wenn es in vier Wochen wieder heißt:

Stammtisch frauenliebender Mütter.

Für Interessierte: www.ilesgo.com